Der Karmelitenorden leitet seinen Namen vom Karmelgebirge her. Das Karmelgebirge liegt im Norden Israels und hat einen Ausläufer bis zum Meer. Seit je her wurde der Karmel für einen heiligen Ort gehalten und beherbergte durch die Jahrhunderte hindurch verschiedene religiöse Gruppierungen. Im 12. Jahrhundert Christus  ließen sich hier Kreuzfahrer und Pilger nieder, um nach dem Vorbild  Elijas ein Leben der Einsamkeit zu führen. Um 1208 baten sie  Albert, den Patriarchen von Jerusalem, um eine Regel. Sie sah als  Kernstück vor, „Tag und Nacht über das Gesetz Gottes zu  meditieren und im Gebet zu wachen". Wegen der zunehmenden  Sarazenengefahr verließen die Karmeliten etwa um 1238 den  Karmel. Die Brüder kehrten in ihre europäischen Ursprungsländer  zurück. Nach Gründungen auf Zypern, Sizilien, bei Marseille und  Aylesford waren 1255/56 Köln und vor 1265 Würzburg die ersten  Niederlassungen im deutschsprachigen Raum. Die  Regelanpassung durch Papst Innozenz IV. (1.10.1247) bahnte die  Entwicklung zu einem seelsorglich aktiven Bettelorden.  

Zwei biblische Gestalten prägen die Spiritualität des Karmel von  Anfang an: der Prophet Elija, der in der Einsamkeit Gott gesucht  und erfahren, aber auch leidenschaftlich von ihm Zeugnis gegeben  hat, und Maria, die aufgrund ihrer meditativen Offenheit für das  Wort und Wirken Gottes Schwester und Patronin der „Brüder der  seligsten Jungfrau Maria vom Berg Karmel" ist, wie sich die  Karmeliten seit dem 13. Jahrhundert offiziell nennen.  

Generalprovinzial Johannes Soreth (gest. 1471) unterstützte  Reformbewegungen, die auf der Grundlage der „Gemilderten  Regel" (Bulle Romani Pontificis Papst Eugens IV. von 15.2.1432)  bereits im Gange waren; zudem wurde er zum Gründer der  Karmelitinnen (1452) und des Dritten Ordens. Die Reform Teresas  von Avila (1515-1582) führte nach ihrem Tod und von ihr nicht  intendiert zur Abtrennung der Unbeschuhten Karmeliten (OCD)  1593. Seither existieren zwei juristisch getrennte, spirituell aber eng  verwandte selbstständige Orden. Im Stammorden (O. Carm.) führte  die sogenannte Tourainer Reform im 17. Jahrhundert zu einem  inneren und äußeren Aufleben der Gemeinschaften bis zur  Säkularisation.  

Nach dem II. Vaticanum bemühte sich der Karmel um die  zeitgemäße Erneuerung seines spezifischen Charismas, eine  kontemplative Gemeinschaft inmitten der Menschen zu sein. Drei  Schwerpunkte erwiesen sich dabei für die unverwechselbare  Identität des Karmel als wesentlich: Gebet und Kontemplation;  geschwisterliche Gemeinschaft, die gastfreundschaftlich offen ist  für die Menschen; prophetisches Eintreten für eine authentische  christliche Spiritualität, die den Einsatz für Gerechtigkeit und  Frieden einschließt.  

Im Laufe seiner Geschichte hat der Karmel, nicht zuletzt durch  seine Heiligen und spirituellen Gestalten, wichtige Beiträge für eine  lebensfördernde christliche Spiritualität geleistet, die noch heute  vielen Menschen Orientierung bietet. Auch in unserer Zeit lebt der  Karmel, der inzwischen in der ganzen Welt verbreitet ist, aus der für  ihn so charakteristischen Einheit von Kontemplation und Aktion:  dem „Stehen vor Gott", also der leidenschaftlichen Suche nach  seiner liebevollen Gegenwart im konkreten Hier und Jetzt,  zusammen mit allen, die die liebende und heilende Nähe Gottes in  ihrem Leben entdecken und erfahren wollen

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Geschichte

DER DRITTE ORDEN DES KARMEL TOCarm - johannes soreth

Mein Gott lebt, und ich stehe vor SEINEM Angesicht