Johannes vom Kreuz, den Lehrer des Nichts, zog es sein Leben lang
hinaus, hinaus aus sich, hinaus aus seinem Gegenüber, und damit
immer tiefer in alles hinein. Denn über alles hinaus wollen heißt: in
alles hinein und durch all das hindurch müssen. Liebesentflammt
beginnt er und brennt, bis alles verbrannt ist. In tiefster Qual wird
ihm selbst die Liebe genommen. Es ist sein Ankommen im Nichts
(Nada). Und so konnte er im Nichts alles Verborgene unsagbar durch-
schauen. Die Verleumdungen und Verfolgungen, die Inquisition, den
Kerker der Karmeliten konnte er so stehen lassen. Alles wurde ihm eine vorübergehende
Notwendigkeit, mit der ein jeder nur das Erkennen lernt, durch alle persönlichen Qualen der
Behauptung hindurch.
Johannes vom Kreuz wurde im Juni 1542 bei Avila geboren und starb im Dezember 1591 im
Karmelitenkloster zu Ubeda. Im Spanien dieser Zeit waren das Judentum, das Christentum und
der Islam mitsamt ihrer mystischen Strömungen beheimatet. Für Johannes vom Kreuz war das
ein Gewinn. Er studierte Theologie, nachdem er sich in mehreren Berufen ausprobiert hatte.
1560 trat er in den Karmelitenorden ein. Später zog er in Erwägung, bei den Karmeliten wieder
auszutreten, um bei den Kartäusern einzutreten, weil die Karmeliten ihrem eremitischen Ideal
nicht nachkamen. In der Karmelitin Teresa von Avila fand er endlich eine Gleiche. Während
der Zeit seiner Askese quälte er sich bis in sein Blut hinein und fand darin die Schönheit der
Liebe, und nachdem er die Askese überwunden hatte, vollendete er sein Leben. Sein Leben
vom Sänger der Liebe zum Lehrer des Nichts. 1675 wurde er selig und 1726 heilig gesprochen.
1926 wurde er mit dem Titel: Doctor Ecclesiae versehen.
Ursula Albrecht ,TOCarm